
Orthopädie & Neurologie
Orthopädie und Neurologie spielen in der täglichen Praxis eine große Rolle. Beide sind für sich getrennt zu sehen, haben aber Berührungsbereiche.
Orthopädie
Sie umfasst die Erkrankungen des Bewegungsapparates bei allen Tierarten. Man denkt in diesem Zusammenhang eher an das alte Tier, aber sie spielt bereits bei heranwachsenden Tieren, insbesondere beim Hund, eine wichtige Rolle.
WENN DER JUNGE HUND LAHMT Das kann natürlich nur traumatisch bedingt sein. Junge Hunde sind voller Tatendrang und schießen gern mal übers Ziel hinaus. Unfälle bleiben da nicht aus. Meist bekommt man als Hundehalter den Anlass mit. Oft stellt sich bei der gründlichen Analyse des Gangbildes und der anschließenden Untersuchung der Muskeln und Gelenke heraus, dass eine Prellung oder Zerrung vorliegt. Nach einiger Zeit der Schonung an der Leine und unterstützt durch die Gabe entzündungshemmender Präparate, gern auch auf pflanzlicher Basis in milden Fällen, ist das Problem schnell im Griff und der Hund kann wieder auf Tour. Bleibt die Lahmheit bestehen oder kehrt sie nach Ende der Medikation wieder, muss man an andere Ursachen denken. Heranwachsende Hunde insbesondere der größeren Rassen können an angeborenen Entwicklungsstörungen der Gelenke leiden. Dies betrifft manche Rassen gehäuft, aber auch Mischlinge bleiben nicht verschont. Zumeist betrifft dies die Vordergliedmaßen. Der Hund lahmt therapieresistent entweder auf einer Seite oder geht vorn schwerfällig und schwunglos, hat keine Lust sich zu bewegen. Häufige Ursachen sind hier Verknöcherungsstörungen von Bandansätzen im Ellenbogengelenk (IPC) oder von knöchernen Anteilen des Gelenks (IPA). Aber auch die Schulter kann betroffen sein. Durch eine verminderte Versorgung von Teilen des Gelenkknorpels kommt es zur fehlerhaften Ausbildung des Knorpels und letztendlich zur Absprengung einer Knorpelschuppe, die frei im Gelenk schwimmt (OCD). Die Folge aller Entwicklungsstörungen ist eine Instabilität oder Reizung des Gelenks mit Schmerzen und vermehrter Gelenkfüllung. Durch spezielle Handgriffe in der orthopädischen Untersuchung kann der Verdacht einer solchen Erkrankung gestellt und letztendlich durch eine Aufnahme mit unserem digitalen Röntgengerät bestätigt werden. Steht die Diagnose fest, muss schnell gehandelt werden. Schäden dieser Art können nur operativ korrigiert werden und dies so schnell wie möglich, sonst droht frühzeitig eine massive Arthrose im betroffenen Gelenk mit deutlicher Einschränkung der Lebensqualität bereits im jungen Alter. Wir verweisen Sie hierzu an spezialisierte orthopädische Chirurgen, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Die Dringlichkeit ist mit ein Grund, warum wir Hunde zur routinemäßigen Junghundprophylaxe mit 6 - 7 Monaten einbestellen, um mögliche Schäden zeitig zu entdecken. Eine weitere typische Erkrankungen des heranwachsenden größeren Hundes ist die sogenannte Panostitis, eine Entzündung der langen Röhrenknochen. Sie ist sehr schmerzhaft. Die betroffenen Patienten lahmen, oft wechselnd, deutlich und reagieren bei Druck auf die langen Knochen der Gliedmaßen sehr unwillig. Die Krankheit kann sehr gut mittels digitaler Röntgenaufnahme bestätigt werden: es finden sich charakteristisch veränderte Strukturen im Knochengewebe. Die Therapie besteht in Schonung und der Gabe von Entzündungshemmern. Gegebenenfalls muss die Ernährung angepasst werden. Bis zur Ausheilung können manchmal mehrere Monate vergehen. Die gute Nachricht: einmal genesen bleiben keine Schäden zurück!
IN DER MITTE DES LEBENS Traumata können in jeder Lebensphase entstehen. Neben Frakturen oder Luxationen durch Stürze oder andere Unfälle sei als häufiger Schaden an den Bändern der Kreuzbandriss genannt. Betroffene Hunde haben als Ursache eine degenerativ veränderte Bandstruktur mit verminderter Stabilität. Dementsprechend ist der Auslöser für den Kreuzbandriss oftmals gar nicht spektakulär. Aber auch Katzen erleiden dieses Problem, meist durch Traumata im Freigang. Während der Hund deutlich erkennbar lahmt, fällt die Katze in der Regel nur durch verminderte Bewegungsfreude und ein griesgrämiges Gesicht auf. In der Untersuchung zeigt sich ein mehr oder weniger gelockertes Kniegelenk mit vermehrter Gelenkfüllung. Der Verdacht kann mittels einer digitalen Röntgenaufnahme bestätigt werden. Auch hier ist schnelles Handeln erforderlich. Je nach Tierart und Größe des Patienten kommen verschiedene OP-Techniken zum Einsatz, um die alte Stabilität wieder herzustellen.
HUND UND KATZE IM SENIORENALTER Spätestens im fortgeschrittenen Alter leiden Hund und Katze an degenerativen Vorgängen an Wirbelsäule und Gelenken. Insbesondere sportliche Hunde entwickeln Arthrosen an den Zehengrund- und den Carpalgelenken. Hinzu kommen oft Schäden an der Wirbelsäule, sogenannte Spondylarthrosen. Auch die Hüftgelenke können betroffen sein als Folge einer Hüftgelenksdysplasie (die allerdings, je nach Ausprägung, schon im jungen Alter Probleme bereiten kann). Nach neuer Studienlage leiden Katzen deutlich häufiger als angenommen an degenerativen Veränderungen ihrer Gelenke, vor allem am Ellenbogen-, Knie- und Hüftgelenk. Hunde zeigen ihre Beschwerden in der Regel mehr oder weniger deutlich. Sie stehen schwerfälliger auf, können nur noch mit Mühe ins Auto springen oder lahmen. Es gibt aber auch unauffälligere Anzeichen, wie angestrengtes Hecheln während des Spaziergangs auch bei kalten Temperaturen oder häufiges nächtliches Aufstehen, um die Liegeposition zu wechseln. Bohrende Arthroseschmerzen plagen den alten Patienten häufig nachts! Die Symptome der Katze sind ausgesprochen unauffällig: die alte Katze ruht nur noch, außer sie geht zum Futter oder zur Toilette. Daneben wird sie vielleicht ein wenig unleidlicher und sucht bevorzugt sehr warme Plätze in der Wohnung auf. Der Gesichtsausdruck verändert sich: das Schmerzgesicht der Katze ist typisch, aber nicht übertrieben auffällig. Man muss genau hinsehen!
MULTIMODALE SCHMERZTHERAPIE Insbesondere der chronische orthopädische Patient braucht Hilfe und Unterstützung. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass unsere Senioren von uns alle Voraussetzungen für ein möglichst schmerzfreies langes Leben erhalten. Dies ist mit ein Grund, warum wir ab einer Altersgrenze von 8 – 10 Jahren zur halbjährlichen Seniorenvorsorge raten. Eine leider noch vorherrschende Ansicht ist, dass der Patient keine Schmerzen hat, solange er nicht „jammert“. Chronisch von Schmerzen geplagte Hunde und Katzen jammern nicht! Sie ertragen ihren Schmerz und arrangieren sich. Was nicht heißt, dass sie sich wohlfühlen! Es gehört daher zu unserer Verantwortung, etwas gegen den Schmerz zu unternehmen. Die multimodale Schmerztherapie bietet ein breites Feld an Möglichkeiten. Multimodal bedeutet, dass verschiedenen Maßnahmen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten miteinander kombiniert werden. Sie ergänzen und unterstützen sich. Regelmäßige Bewegung, an das Krankheitsbild angepasst, ist ein grundsätzlicher Baustein! Dabei muss beachtet werden, was der alte Patient noch leisten kann. Ein Hund mit deutlichen Gelenk- oder Wirbelsäulenschäden gehört nicht mehr ans Rad oder auf lange Bergtouren! Moderate tägliche Spaziergänge, bevorzugt im Trab, lockern die Muskulatur und erhalten sie. Ein grundsätzlicher Rat ist hier, die tägliche Spaziergangszeit nicht einmal am Stück, sondern auf zwei oder drei Gänge am Tag zu verteilen. Bewegung ist nur gesund, wenn das Gewicht stimmt! Viele ältere Tiere sind aufgrund der schleichend einsetzenden Bewegungsunlust übergewichtig geworden, weil die Futtermenge die gleiche geblieben ist. Hier muss gehandelt werden. Wir begutachten Ihr Tier und passen, wenn nötig, die Rationen an oder empfehlen eine kalorienreduzierte Kost. Physiotherapie ist ein weiterer hilfreicher Baustein. Ein Teil der durch Arthrose bedingten Schmerzen sitzt nicht an der betroffenen Stelle, sondern in der umliegenden verspannten Muskulatur. Diese geht mit einer sich steigernden Bewegungseinschränkung einher, was zu mehr Muskelverspannung und zu mehr Schmerz führt. Der bekannte Teufelskreis! Durch fachkompetente Mobilisation von Muskulatur und Gelenken reduziert sich der Schmerz und die Beweglichkeit bleibt länger erhalten. So kann sogar gegebenenfalls die Dosis der Medikamente reduziert werden. Wir empfehlen Ihnen kompetente Adressen. Neben diversen pflanzlichen Präparaten können hochkonzentrierte Omega3/6 Fettsäureöle zum Einsatz kommen. Sie wirken antientzündlich. Mit Fortschreiten des Krankheitsbildes werden sogenannte nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAIDS) eingesetzt. Sie bilden die Basismedikation und unterdrücken den Schmerz als auch die wiederkehrenden Entzündungsprozesse. Die modernen NSAIDS sind dazu konzipiert, dauerhaft gegeben werden zu können und sie werden zumeist hervorragend vertragen. Reichen diese nicht mehr aus, können sie mit Medikamenten aus anderen Wirkstoffgruppen kombiniert werden. Relativ neu in der Schmerzbehandlung, alternativ zu den NSAIDS ist die monatliche Injektion spezifischer Antikörper. Sie greifen in die Schmerzweiterleitung ein und blockieren diese. Der Vorteil: sie sind nebenwirkungsfrei. Wir setzen sie seit Beginn der Zulassung mit sehr gutem Erfolg ein. Es gibt sie für Hund und Katze. Sie sind allerdings nur zugelassen für die Behandlung der Arthrose der (großen) Gelenke. Bei Schmerzen der Wirbelsäule, die einen anderen Weg der Schmerzleitung hat, sind sie nicht einsetzbar.
Neurologie
Sie ist ein weites Feld und befasst sich mit den vielfältigen Erkrankungen des gesamten Nervensystems. Betroffen sind Tiere aller Altersgruppen, je nach Art der Erkrankung. Sie können genetisch bedingt (z. B. die Epilepsie des jungen Hundes oder der Katze), durch ein Trauma oder eine Infektion ausgelöst oder die Folge degenerativer Prozesse im Alter sein. Die Diagnose ist oft aufwendig. Manche Krankheitsbilder lassen sich bei uns in der Praxis diagnostizieren. Für andere sind spezielle Diagnosemaßnahmen wie z. B. ein MRT nötig. Hierfür verweisen wir Sie an spezialisierte Kliniken.
Im Rahmen der Orthopädie kann es zu neurologischen Einschränkungen kommen, die wir insbesondere beim alten Hund finden. Meist fällt eine langsam abnehmende Muskulatur in der Hinterhand und ein schlurfendes Gangbild auf. Schreitet das Krankheitsbild fort, kommt es zu einer Ataxie der Hinterhand, d. h. die Bewegung der Hinterbeine läuft nicht mehr synchron mit denen der Vordergliedmaßen. Die Ursachen können in einer Kompression der ableitenden Nervenbahnen liegen oder durch eine degenerative Neuropathie verursacht sein. Eine Gangbildanalyse und der neurologische Untersuchungsgang liefern uns Hinweise auf den Grad der Schädigung. Die degenerativen Prozesse sind nicht heilbar, aber durch muskelaufbauende bzw. -erhaltende Präparate und die Gabe von Vitamin B12 zu verlangsamen. Auch hier ist die Physiotherapie und moderate Bewegung eine gute Unterstützung für den alten Patienten.