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BARF – die gesunde Alternative?



Seit einiger Zeit existiert diese Ernährungsmethode für fleischfressende Haustiere (zumeist Hunde, aber auch Katzen), wobei man sich an den Futtergewohnheiten wildlebender Tiere orientiert und diese als gesünder weil natürlicher interpretiert. Gefüttert werden diverse Fleischsorten, Ei, Knochen, Gemüse, Getreide, Kräuter und Obst; alles wird roh angeboten. Ergänzt wird in der Regel mit diversen Ölen und Eierschalen oder Knochenschrot.


Der Begriff BARF stammt, ebenso wie die Idee, aus den USA und heißt ursprünglich Born Again Raw Feeders (wiedergeborene Rohfütterer) und verdeutlicht so auch die Ideologie, die dahinter steckt. Im Laufe der Zeit hat sich der Grundgedanke etwas gewandelt, was sich auch in der Namensgebung zeigt: Bones and Raw Food (Knochen und Rohfutter) bzw. bei uns Biologisch Artgerechtes Rohes Futter.


BARFEN muss man können! Tatsächlich können (mit viel Fachwissen über Tierernährung und die analytischen Futterbestandteile) Vierbeiner auf diese Art vernünftig ernährt werden und für Tiere mit einer Futtermittelunverträglichkeit kann es ggf. eine Alternative sein. ABER: einfach nur Fleisch, Knochen, Gemüse, Obst und ein wenig Öle, Honig, Heilerde, Algenmehl, Eierschalen und ähnliches zu geben, reicht definitiv nicht aus, um einer fehlerhaften Versorgung vorzubeugen. Dies zeigt eine Studie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität München. Hier wiesen über die Hälfte der tierischen Studienteilnehmer entweder Mängel oder gefährliche Überversorgung einzelner Nährstoffe auf.


Neben der Gefahr der Unausgewogenheit möchten wir noch auf die weiteren hauptsächlichen Risiken hinweisen:

  • Übertragung von bakteriellen Krankheitserregern wie z. B. Salmonellen, Neospora oder Toxoplasmen (die Tiere erkranken eher selten, werden aber Dauerausscheider und damit vor allem für Kinder, Schwangere und geschwächte Personen gefährlich), Viren (Aujeszky, tödlich für Hund und Katze!) und Würmern (z. B. Spul- und Bandwürmer). Neuen Untersuchungen zur Folge sind 20 – 80 % der Rohfleischprodukte von kommerziellen BARF-Shops (sowohl Internet als auch vor Ort) mit Salmonellen kontaminiert, zumeist aufgrund unsachgemäßer Lagerung und schlichtweg fehlender hygienischer Überwachung. Dies stellt ein erhebliches Risiko insbesondere für immungeschwächte Personen und Kleinkinder dar. Nebenbei ist die Salmonellose eine meldepflichtige Krankheit.

  • Bezüglich der Bakterien warnen Forscher nach neuesten Untersuchungen explizit vor der Übertragung der gefährlichen multiresistenten Keime wie z. B. MRSA!

  • Die gehäufte Verfütterung von Schlundfleisch kann zur Überversorgung von Schilddrüsenhormonen führen (da hier Anteile der Schilddrüse mit verfüttert werden). Der Anstieg des Schilddrüsenhormons im Blut führt zu allen Symptomen einer echten Schilddrüsenüberfunktion, ist für das betroffene Tier sehr belastend, schädigt die Funktion der Schilddrüse bis zur vollständigen Zerstörung und beeinträchtigt langfristig die inneren Organe.

  • Verstopfung oder Verletzung durch unsachgemäße Verfütterung von Knochen. Teils tödliche Verletzungen können auch durch die Aufnahme von Geschossteilen entstehen. Insbesondere bei der Verfütterung von Hirsch finden sich im Fleisch regelmäßig teils messerscharfe Projektilbruchstücke, da diese Tiere in großen Farmen gehalten und zur Fleischgewinnung geschossen werden. Eine Überprüfung auf Metallteile im Fleisch fehlt leider meist aus Kostengründen für die Anbieter! Diese Fälle hatten wir bereits häufiger in unserer Praxis!

  • Das gehäufte Wiederauftreten bestimmter durch Wachstumsstörungen bedingter Gelenkerkrankungen (z. B. aus dem Bereich der Ellenbogendysplasie) gebarfter Welpen aus unsachgemäß gebarften Muttertieren wurde lange diskutiert und ist nun bewiesen. Das bedeutet im Klartext, dass schmerzhafte Gelenkerkrankungen, die durch gute züchterische Auslese und eine ausgewogene Ernährung deutlich reduziert worden waren, nun wieder durch unsachgemäße Fütterung vermehrt auftreten. Die Gelenkschmerzen und die notwendige Korrektur-OP könnten den Hunden leicht erspart bleiben!

  • Von der Aufzucht von Welpen/Kitten ausschließlich über BARF über die Dauer der gesamten Wachstumsphase wird explizit abgeraten, da hier eine hohe Gefahr der unzureichenden Mineralisierung des Skeletts besteht. Derart mangelversorgte Welpen/Kitten haben „Glasknochen“, die spontan brechen (Wirbelsäule, Becken, Beine). Wird die Ernährung nicht innerhalb der ersten Wochen umgestellt, leiden diese Hunde/Katzen erheblich, sind nicht in der Lage zu stehen und müssen häufig euthanasiert werden. Fälle dieser Art sieht man leider immer wieder in der Praxis!

  • Erhöhte Verderbnisgefahr durch die rohen Bestandteile, hier droht die Kontamination mit Fäulnisbakterien oder mit Verderbnispilzen, die z. T. tödliche oder krebserregende Toxine produzieren; alle Zutaten müssen daher täglich frisch zubereitet werden, dies erfordert besondere Sorgfalt und Zeit.

  • Mangelhafte Aufnahme der Futterbestandteile durch die Gabe von Futterstoffen, die für Hunde nicht aufschließbar, also nicht verdaubar sind; insbesondere Welpen sind nicht in der Lage, Fleisch, Getreide oder Gemüse im Rohzustand effektiv zu verdauen, da sie im Alter von acht bis 12 Wochen ihre Nahrung von ihren Eltern vorgewürgt erhalten würden, das rohe Futter wäre also bereits angedaut (gebarfte Welpen sind definitiv nicht gut ernährt und haben an Spätfolgen sehr zu leiden); auch erwachsene Hunde können manche roh gegebenen Futterbestandteile nicht optimal verwerten und benötigen oft (je nach Energieverbrauch) enorme Mengen an Futter, eine große Belastung für den Verdauungstrakt. In diesem Zusammenhang wurde durch aktuelle Doktorarbeit der tiermedizinischen Fakultät München festgestellt, dass mehr als die Hälfte der mit Rohfleisch ernährten Hunde an Durchfallerkrankungen litten, im Vergleich mit der gleichen Anzahl Hunde, die mit Fertigfutter ernährt wurden. Dies ist sowohl auf die erhöhte Keimbelastung als auch auf die erschwerte Verdaulichkeit zurück zu führen.


Demgegenüber stehen gewisse, teils aber nur vermeintliche Vorteile:

  • Das Futter kann abwechslungsreicher als die tägliche Gabe an Trockenfutter gestaltet werden. Durch die Zusammenstellung verschiedener Bestandteile hat der Tierbesitzer den Eindruck, vielfältig und ausgewogen zu ernähren. Abwechslung kann aber auch durch kleine Zugaben zum Fertigfutter (ein Ei, ein wenig Quark, gekochtes Gemüse…) erreicht werden. Allerdings: Abwechslung ist für eine ausgewogene Ernährung nicht nötig und für Futtermittelallergiker ohnehin nicht angezeigt.

  • Keine Zweifel am Futter: der Besitzer kennt alle Bestandteile.

  • Mehr Beschäftigung: je nach Struktur muss der Hund ggf. länger kauen und verweilt damit länger bei der Mahlzeit. Die Entwicklung von Zahnstein kann evtl. gebremst werden. Aber auch das kann man auf anderem Weg erreichen (getrocknete Rinderprodukte wie Ohren, Ziemer u. ä.). Beschäftigung bieten Futterbälle, in die man Trockenfutter zum „Herausspielen“ füllen kann.

  • Alternative Ernährung für Allergiker: durch die individuelle Futterauswahl kann die Ernährung so gestaltet werden, dass allergische Symptome wie Juckreiz oder Verdauungsstörungen verschwinden. Dies ist allerdings auch ohne die „Ideologie“ BARF möglich und sollte der Hund z. B. auf Rindfleisch allergisch sein, hilft es nicht, dies weiterhin, aber eben nur roh zu verfüttern, man muss es aus dem Futterplan streichen. Allgemein sollte die Nahrung der besseren Verdaubarkeit wegen gekocht oder gegart werden, der antiallergische Effekt bleibt der gleiche.


Fazit: BARF ist, kompetent durchgeführt, weder gesünder noch schlechter als herkömmliche hochqualitative Fertignahrung, birgt aber bei unsachgemäßer Durchführung große Risiken. Es bedarf der Anleitung einer fachkompetenten Person (Tierarzt mit Spezialisierung Tierernährung), die entsprechend der Rasse und des Alters die passende Ration berechnet und auch im Laufe des Lebens regelmäßig anpasst. Ernährungspläne für Junghunde müssen monatlich (!) neu berechnet werden. Tipps aus Internetforen oder Büchern, die überwiegend von Laien verfasst sind, sind erwiesenermaßen keine seriöse Grundlage! Insbesondere für heranwachsende Tiere ist das Risiko von Entwicklungsstörungen oder Mängeln im späteren Alter gefährlich hoch. Mangelerscheinungen entstehen nicht sofort, sondern erst nach Jahren (Skelettsystem, Herz…) und sind dann nicht mehr zu korrigieren! Manche Fleischarten (Fisch, Huhn, Schwein) dürfen keinesfalls roh gefüttert werden (Gefahr der Salmonellenübertragung auch auf den Besitzer, teils tödliche Erreger für das Tier). Hinweise überzeugter BARFer, die Magensäure von Hund und Katze töte alle Erreger ab, sind schlichtweg falsch und verantwortungslos. Durch die Verfütterung von rohem Fleisch muss das Tier sehr konsequent und engmaschig entwurmt werden, ein Aspekt, der leider gerade von überzeugten Anhängern mit dem Gedanken der Natürlichkeit abgelehnt wird. Um der Übertragung von Würmern aus rohem Fleisch entgegen zu treten, muss das rohe Material vor der Verfütterung mindestens eine Woche bei -17 bis -20 Grad Celsius durchgefroren sein. Eine herkömmliche Gefriertruhe leistet das in der Regel nicht und ob die Verkäufer sachgemäß gelagert haben, ist für den Tierbesitzer nicht nachprüfbar.


Gut gemeint, ist nicht immer auch gut gemacht!

Fazit: Unser Hund ist kein Wolf mehr, er ist über viele tausend Jahre Evolution genetisch ein gutes Stück von seinen Ahnen entfernt. Dies zeigt sich auch in der Beschaffenheit seines Verdauungssystems. Er hat sich über die lange Evolutionsphase an unsere Ernährung angepasst, kann Getreide verdauen (der Gennachweis liegt vor) und gekochte Nahrung gut verarbeiten. Insofern ist der Gedanke, bei der Ernährung „zurück zur Natur“ zu gehen, gut gemeint, aber nicht immer gut gemacht. Auch unsere Ernährung hat sich gewandelt zu mehr Vielfalt, mehr Hygiene und schonende Zubereitung. Wir speisen auch nicht mehr wie die Neandertaler!


BARFen RICHTIG gemacht ist deutlich aufwändiger als gemeinhin angenommen, birgt einige (über hochwertige konventionelle Ernährung leicht vermeidbare) Risiken und sollte nur unter fachkompetenter Anleitung eines auf Tierernährung spezialisierten Tierarztes vorgenommen werden. Die Gesundheit und ein langes Leben Ihres Hausgenossen werden es Ihnen danken.


Seriöse Adressen vermitteln wir Ihnen gern!





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